Der Ferge

Es stand ein muntrer Geselle
Im Nachen am Ufersrand,
Sah hin in die schaukelnde Welle,
Die wechselnd kam und verschwand:
Da trat ihm ein Jäger entgegen
Und sprach: schiff' über den Fluß!
Im Wald dort drüben viel edles
Gewild ich jagen muß!
Hierwieder sprach der Geselle:
Stell' heute Dein Jagen ein!
Muß harren an dieser Stelle,
O Jäger mein,
Kann heut' nicht Dein Fährmann seyn! -

Es kam ein Pilger gegangen
Mit Muschelhut und Stab;
Der trug hinüber Verlangen:
Auf, Fährmann! vom Ufer stoß ab!
Schon tönet vom Kirchlein ein Läuten
Hellklingend herüber den Fluß:
Die Andacht thut es bedeuten,
Dort drüben ich beten muß!
Hierwieder begann der Geselle:
Stell' heute Dein Beten ein,
O Pilger mein,
Kann heut' nicht Dein Fährmann seyn! -

Da kam mit rosigen Wangen,
Mit Aeuglein so himmelklar,
Eine liebliche Jungfrau gegangen,
Grün Kränzlein im Ringelhaar.
Die sprang in den Nachen behende,
Dem Jüngling wohl an die Brust;
Da rauschte ein Küssen, ein Kosen,
Ein Neigen, ein Reigen der Lust.
Hierwieder begann der Geselle:
Der Nachen ist schmal und klein;
O Jäger, o Pilger zur Stelle,
Für sie allein
Kann heut' ich nur Fährmann seyn! -

Sie hielten sich innig umwunden
In Wonne, in seligem Glück;
Schnell waren die Ufer verschwunden,
Dahin vor dem trunkenen Blick!
Und ob sie hinüber gekommen,
Ob tief in das Meer hinab
Die Himmelentzückten geschwommen,
Niemand uns Kunde gab!
Doch wie auch die Reise sich wende,
Nur rasch in den Kahn hinein!
Wie immer die Fahrt sich ende,
Wenn nur bei Zwei'n
Liebe will Fährmann seyn!

Rate this poem: 

Reviews

No reviews yet.