Der Gefangene

Zwei alte hohe Burgen
Glänzen im Sonnenschein
Einander gegenüber,
Inmitten fließt der Rhein.

Gefangen in der einen
Härmt sich ein Rittersmann,
Daß er nicht in die andre
Zu seiner Liebsten kann.

Die Stromfluth hört er rauschen
Mit ruhelosem Schlag,
Die Wellen kommen, gehen
Gleichförmig Tag für Tag!

Er rüttelt an dem Gitter,
Die Stäbe weichen nicht;
Er möcht' die Pforte sprengen,
Allein kein Riegel bricht.

Da nimmt die werthe Cither
Er wieder von der Wand,
In der er Lust im Glücke
Und Trost im Leiden fand.

So sitzt er auf dem Lager
Schwermüthig, seufzt und wacht;
Dann greift er in die Saiten,
Singt einsam in die Nacht.

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